Neustadt. Kathrin Stuhr ist ein Wunder, sagen ihre Ärzte. Wer der quirligen 52-Jährigen heute begegnet, der ahnt nicht, dass sie sich nach einer schweren Hirnblutung Schritt für Schritt zurück ins Leben gekämpft hat. Ihre Familie, ihr Wille, ihr Glaube und die Musik haben ihr viel Kraft gegeben, sagt sie. Dafür möchte sie sich mit der Gravur auf ihrer Michel-Tafel Danke bedanken. „Dem Michel sind wir als Familie seit Generationen verbunden. Familie, wo das Leben beginnt und die Liebe niemals endet. Danke!“ steht dort.
Kurz nach ihrem 50. Geburtstag gerät Kathrin Stuhrs Welt aus den Fugen. Als sie zum Einkaufen unterwegs ist, setzt ein nie gekannter Kopfschmerz ein, „ein Vernichtungsschmerz, Todesangst.“ Ein Aneurysma im Kopf ist geplatzt, die Hirnblutung ist lebensbedrohlich.
„Das erste, was ich erinnere, ist, dass mein Bruder meine Wange streichelt“, erzählt sie. Da liegt sie auf der Intensivstation. Zwei Dinge brachte er ihr damals mit: Einen bronzenen Segensengel und eine CD mit Chorstücken der Kantorei St. Michaelis, bei denen sie selbst mitgesungen hatte.
Die Musik trägt sie auch durch die dunklen Stunden der Erkrankung. „Sie ist meine große Kraftquelle“, sagt sie. Wegen einer schweren Schluckstörung wird sie qualvolle fünf Monate lang nur durch eine Sonde ernährt. Die Narkose löst bei ihr ein sogenanntes Durchgangssyndrom aus – Kathrin Stuhr ist verwirrt, sie halluziniert.
Ihr Chor fängt sie in dieser Zeit auf. „Die Kantorei ist zu mir ins Krankenhaus gekommen und hat auf der Station gesungen“, erzählt sie. „Das war so großartig!“
Der Michel ist seit vielen Jahren Teil ihres Lebens, die Kantorei ihre musikalische Heimat. Ihr Chor trägt sie bis heute: „Sie ermutigen mich und greifen nur ein, wenn es nötig ist.“
Die Musik ist ihr Begleiter geblieben. Sie hat das Klavierspiel wieder aufgenommen, mit den Noten aus ihrer Kindheit. Nur wenig ist zurückgeblieben von ihrer schweren Erkrankung, sie ist gestärkt daraus hervorgegangen. Mit jedem Schritt erobert sie sich ihr Leben zurück. Ihre Familie und die Musik geben ihr die Kraft dazu. „Ich lebe seither viel bewusster und spüre den Reichtum des Lebens. Dafür bin ich jeden Tag aufs Neue dankbar.“
Am Sonnabend, 20. Oktober um 19 Uhr können Sie Kathrin Stuhr und die Kantorei St. Michaelis bei der „Michel-Tafel-Musik" im Michel live erleben. Kirchenmusikdirektor Manuel Gera hat ausgewählte Gravurtexte vertont und kombiniert sie mit bekannten Melodien, die Menschen mit Schlüsselmomenten ihres Lebens verbinden – von Bach bis James Last. Tickets: 22 Euro, 17 Euro ermäßigt (AK). www.Michel-Tafeln.de