Heike Wisch würde man ohne Zögern die eigenen Hausschlüssel anvertrauen. Mit ihrer freundlichen Zugewandtheit und Offenheit nimmt die 74-Jährige andere Menschen schnell für sich ein. Keine Schnackerin, sondern eine verlässliche und kluge Frau, die mit beiden Beinen fest im Leben steht „Salt of the Earth“ – Salz der Erde nennt man im Englischen grundanständige Menschen wie Heike Wisch. Vielleicht war sie deshalb auch so berührt von der Michel-Aktion „Ihr seid das Salz der Erde“ anlässlich des Luther-Jubiläums.
Michel-Freunde aus aller Welt schickten Salz, das Pfingsten 2017 im Michel zum biblischen Salz der Erde gemischt wurde und nun wieder in alle Welt verteilt wird. Heike Wisch ist mit großer Begeisterung dabei. Immer wieder holt sie neue Salzsäckchen und gibt sie Menschen mit auf den Weg. „Das ist meine Art zu sagen: Danke, dass du da bist. Das Salz gibt dem Leben Würze.“
Ihr eigenes Leben, das während des Bombenhagels im Zweiten Weltkrieg in Kiel begann, verlief zunächst in den recht geordneten Bahnen des Nachkriegsdeutschlands. 1967 heiratete sie ihren Mann Fritz-Helmut, der seine Laufbahn als Dorfschullehrer begann – „ich durfte Sport und Handarbeiten unterrichten.“
1970 wurde Sohn Henning geboren, zwei Jahre später wurde er als gehörlos diagnostiziert. „Wir haben es dann eben angepackt“, sagt sie ohne Larmoyanz. Ihr Mann bildete sich zum Gehörlosenlehrer fort, das Paar zog nach Hamburg und beide unterrichteten an der Gehörlosenschule. Zu ihrem großen Bedauern wurde ihr eigener Sohn nur lautsprachlich unterrichtet, „Gebärden waren damals tabu.“ Dagegen wollten die Wischs etwas tun – und packten es erfolgreich an. Für sein Engagement für gehörlose Menschen wurde Fritz-Helmut Wisch, zwanzig Jahre lang Professor für Heil- und Sonderpädagogik an der Hochschule Magdeburg, Anfang 2018 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Im Hintergrund, aber genauso effektiv wirkt seine Frau Heike. Im Mittelpunkt zu stehen liegt ihr nicht, doch sie freut sich über die vielen oft hart erkämpften kleinen und großen Erfolge für gehörlose Menschen. Mit Bewunderung verfolgt sie, wie mühelos ihre hörenden Enkelkinder mit ihren gehörlosen Eltern kommunizieren, „das ist sehr spannend.“
Kraft für ihr vielen Aktivitäten schöpft sie aus ihrem Glauben. Er hat ihr Leben seit ihrer Kindheit geprägt, „aber bibelfest bin ich nicht!“ Um den Hals trägt sie das Nagelkreuz von Coventry, ein Zeichen der Versöhnung und des Friedens unter den Völkern nach dem Zweiten Weltkrieg – ein Thema, das auch im Michel immer wieder anklingt. Toleranz, der Zusammenhalt einer Gemeinschaft – beides findet Heike Wisch in ihrem evangelischen Glauben. Am Michel spüre sie es ganz besonders, sagt sie. Das Michel-Salz trägt sie deshalb voller Zuversicht weiter in die Welt.
Wenn Sie weitere Michel-Geschichten lesen und mehr über die Arbeit der Stiftung St. Michaelis erfahren möchten können Sie sich hier den Jahresbericht 2017 herunterladen.