Wenn es um Orgeln geht, macht Orgelwurm Willibald keiner etwas vor – schließlich sind die Michel-Orgeln schon gefühlt ewig sein Wohnsitz. Damit Willibald sein Zuhause nicht verliert und weiterhin vielen Kindern die Faszination der Orgeln und ihrer Musik nahebringen kann, braucht er Unterstützung – denn die Orgeln müssen regelmäßig mit großem Aufwand gewartet und gepflegt werden.
Orgelwurm Willibald ist ganz schön vorlaut. Kess quatscht er Michel-Kirchenmusikdirektor Manuel Gera immer wieder dazwischen – doch der lässt sich von dem langen blauen Stoffwesen, das wie ein kleines Ungeheuer von Loch Ness aussieht, nicht aus der Ruhe bringen. Kein Wunder, denn seit 1995 gehört Willibald zur Familie: Da hat Manuel Gera mit seiner Frau Anne-Katrin den Orgelwurm erfunden, um Kindern für Orgelkonzerte zu begeistern. Mit verstellter Stimme und enormer Spielfreude sorgt die Kirchenmusikerin für das Eigenleben der schlagfertigen, zwei Meter langen Handpuppe. Dass Willibald nur aus Stoff ist, haben große und kleine Besucher der Orgelkonzerte schnell vergessen.
„Meine Mutter hat den ersten Willibald genäht“, erzählt Manuel Gera. Mithilfe des blauen Wurms erklären die beiden Musiker, wie eine Orgel funktioniert. Der freche Willibald stellt dabei die Fragen, die die Kinder sich nicht zu stellen trauen, er vermittelt und schafft Vertrauen.
Der Orgelwurm führt ein bewegtes Eigenleben. 1685 sei er geboren worden als Holzwurm in der Wiege Johann Sebastian Bachs, der ohne ihn natürlich nie zum großen Komponisten geworden wäre, erzählt Willibald den Kindern ganz ohne falsche Bescheidenheit. Vor Schulklassen, Kindergartengruppen, Kinderchören oder anderen jungen Kirchenbesuchern sind Manuel und Anne-Katrin Gera schon mit ihrem Willibald aufgetreten, haben erklärt, was eine Fuge ist, ein Orgelmärchen aufgeführt oder Camille Saint-Saens „Karneval der Tiere“. Nur schwer lässt sich dabei feststellen, wer mehr Spaß hat – die beiden Kirchenmusiker oder das Publikum. „Zehntausend Kinder waren bestimmt schon bei uns im Michel“, schätzt Anne-Katrin Gera.
Die fünf Orgeln im Michel sorgen dabei für ein ganz besonderes Musikerlebnis: Welche Orgel spielt gerade, wenn Manuel Gera am zentralen Spieltisch in die Tasten greift? Schreck und Freude liegen dicht beieinander, wenn es dabei so richtig laut wird. „Hier sitzt man mittendrin im Klang“, freut sich Anne-Katrin Gera.
Die Heranführung der Kinder an das Instrument Orgel gelingt am besten in Kleingruppen, findet Manuel Gera. Doch das steht für ihn nicht im Mittelpunkt: „Wichtig ist beim Erstkontakt die Erfahrung, dass in der Kirche etwas ist, war sie toll finden.“ Das Musikerpaar will das Instrument Orgel entzaubern von seiner liturgischen Gebundenheit und einen Kontrapunkt zu Ehrfurcht und Verboten setzen: „Mit Willibald gelingt uns das ziemlich gut.“
Was macht für beiden die Faszination des Instrumentes Orgel aus? Da muss Manuel Gera nicht lange überlegen. „Beim Spielen tritt man aus sich selbst heraus, man nähert sich einer anderen Kraft“, sagt er. „Der Klang entsteht im Raum und löst sich von meiner Handlung. Dieses Erlebnis ist ganz wunderbar.“ Anne-Katrin Gera nickt. „Von Musik wird jeder berührt“, weiß sie. Ob man bei Orgelmusik dem Himmel näher kommt? „Der Heilige Geist weht schließlich, wo er will“, sagt sie und ihre Augen blitzen. „Der kann einen auch mal hinterrücks erwischen, wenn man gar nicht damit rechnet.“ Da hält auch Willibald mal sein vorlautes Klappmaul.