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Edward Elgar: The Dream of Gerontius am 22. Oktober im Michel
Zum Auftakt der Bach-Wochen 2022 erklingt am 22. Oktober Edward Elgars "The Dream of Gerontius" op. 38
„Ich bin dem Tode nah“ – Elgars Vision der Ewigkeit
Edward Elgar ist heute in Deutschland vor allem bekannt durch die „Pomp and circumstance“-Märsche mit der unverwüstlichen Hymne „Land of hope and glory“. Musik, die den Glanz und den Machtanspruch des englischen Empires auf der Höhe seiner Machtentfaltung Anfang des 20. Jahrhunderts widerspiegelt.
Dabei war der Komponist zu Lebzeiten eher ein Außenseiter, ein Komponist aus der Provinz. Geboren in recht ärmlichen Verhältnissen wuchs Elgar als Sohn eines Klavierhändlers im westenglischen Worcester auf. Er schlug sich dort viele Jahre als Musiklehrer und Organist durch und hatte – obwohl weitgehend Autodidakt – auf lokaler Ebene schon Erfolg als Komponist. Überregionale und internationale Aufmerksamkeit erlangte er allerdings erst als 42-jähriger Mann mit den „Enigma-Variationen“ und, ein Jahr später, mit dem Oratorium „The Dream of Gerontius“. Es wäre eine grobe Fehleinschätzung, Elgar auf den Komponisten der berühmten Märsche zu reduzieren. Seine Musik ist wesentlich vielschichtiger. Parallel zur noblen Prachtentfaltung scheint immer wieder eine wehmütige Melancholie und eine träumerische Nachdenklichkeit durch, die seine Musik so tiefgründig macht und den Hörer in den Bann zu schlagen vermag.
Diese Spannung wird auch im heutigen Konzert deutlich. Das Thema von „The Dream of Gerontius“ ist nichts weniger als „Die Ewigkeit“. Elgar entscheidet sich allerdings (mit den Worten des Textdichters John Henry Newman) für einen sehr intimen und lyrischen Zugang zum Sujet: Ein alter Mann auf dem Totenbett, umringt von seinen Freunden, die die Totenwache halten; die Reise mit seinem Schutzengel, der ihn während seines ganzen Lebens begleitete und ihn kennt wie kein anderes Wesen; und schließlich, die Aufnahme in den ewigen Frieden, begleitet von den Gesängen der Engel im Himmel. Natürlich gibt es auch pompöse Stellen im Werk. Elgar schreibt große und effektvolle Chöre von Dämonen und von Engeln, und dann ist da die eindrucksvolle Darstellung des Gerichtes selbst, das nur eine Sekunde dauert: Gerontius erhascht einen kurzen Blick Gottes – alle Instrumente spielen für einen kurzen Moment mit maximaler Lautstärke.
Die lyrischen und stillen Momente überwiegen jedoch, und es kann keinen Zweifel geben: „Gerontius“ gehört vom Sujet und von seiner Umsetzung her zu den bedeutendsten Oratorien der gesamten Literatur.
Elgar schrieb ans Ende der autographen Partitur ein Zitat aus John Ruskins „Sesame and Lilies“:
„This is the best of me; […] this, if anything of mine, is worth your memory.” Elgars eigene Gefühle seinem Werk gegenüber mögen eine Erklärung sein dafür, warum andere so stark darauf reagierten: „Ich kehrte hier mein Innerstes nach außen“.
Wird der „Gerontius“ in Deutschland eher selten aufgeführt, gehört das Werk in England zum Standardrepertoire. Die Uraufführung beim Birmingham Festival im Jahr 1900 geriet allerdings zum Fiasko. Das Werk wurde erst sehr spät fertig, so dass der Chor und die Ausführenden nur zwei Monate Zeit hatten für die Einstudierung, was bei den beträchtlichen Schwierigkeiten auch für heutige Chöre ein ambitioniertes Unterfangen wäre. Erst die Premiere in Deutschland, beim Niederrheinischen Musikfest 1902 bescherte dem Werk den Durchbruch. Die Zeitungskritiken überschlugen sich vor Begeisterung, angeblich wurde Elgar bereits nach dem ersten Teil zwanzig Mal auf die Bühne gerufen. Richard Strauss soll ausgerufen haben: „Auf das Wohl und den Erfolg des ersten englischen Fortschrittlers, Meister Edward Elgar. Er hat es zustande gebracht, dass man vor der englischen Musik Respekt bekommt.“ Erst danach begann das Oratorium seinen Siegeszug in England und wurde zum modernen Klassiker.
Ein weiterer Grund für die zögerliche Rezeption in Elgars Heimat war, dass der „Gerontius“ als ein explizit „katholisches“ Werk im anglikanischen England starken Kontroversen ausgesetzt war. Elgar, der selbst Katholik war, fühlte sich stark angezogen von dem Gedicht des Kardinals John Henry Newman (im Jahr 2010 von Papst Benedikt XVI. seliggesprochen), das dieser 1865 veröffentlicht hatte und das im ausgehenden 19. Jahrhundert in England viel gelesen wurde. Newman war zunächst anglikanischer Pfarrer, bevor er in den 1840er Jahren zum Katholizismus konvertierte. Sein Wirken führte in den nächsten Jahrzehnten zu einer Annäherung zwischen den Konfessionen. Auch seine Gegner zollten dem Theologen und Schriftsteller Respekt. Newmans Gegenspieler Charles Kingsley schrieb: „Ich las den „Gerontius“ mit Ehrfurcht und Bewunderung. Auch wenn ich vollkommen andere Ansichten habe von den Riten und Gebräuchen, die Newmans gegenwärtiges Bekenntnis um die zentrale Idee gruppiert, muss ich doch bekennen, dass diese zentrale Idee so wahrhaftig wie nobel ist.“
Man kann sicher geteilter Meinung sein über die Qualität der „Prosa-Poesie“ in diesem Werk, aber die zentrale Idee des Werks ist in der Tat von großer Kraft und Eindringlichkeit, denn: „Gerontius“ (der Name leitet sich von griechisch geron, „Greis“ ab) ist keine bestimmte Person, sondern repräsentiert jede und jeden von uns. Die Frage, was uns nach dem Tod erwartet, lässt niemanden unberührt.
Elgar erläutert die Konzeption des Werkes in einem Brief an seinen Freund und Lektor August Jaeger:
„Ich stellte mir Gerontius als einen Menschen wie du und ich vor, nicht wie einen Priester oder Heiligen, sondern als Sünder, einen reuigen natürlich, aber einen sehr diesseitigen Menschen, der nun zur Rechenschaft gezogen wird. Daher habe ich seine Partie nicht mit Kirchenliedern und so einem Zeug gefüllt, sondern mit einer gesunden, vollblütigen, romantischen Weltlichkeit, wenn ich so sagen darf.“
Viele zeitgenössische Kritiker rückten das Oratorium in die Nähe von Richard Wagners „Parsifal“. Elgar kannte das Werk gut. Er bewunderte Wagner sehr, übernahm für seine Oratorien die Leitmotivtechnik, und auch seine Harmonik verdankt dem deutschen Operngenie manches. Dennoch ist Elgar ein ganz eigenständiger Komponist und alles andere als ein Wagner-Epigone.
Allerdings muss die Komposition in England in der Tat ausgesprochen modern gewirkt haben - in einem Land, in dem die Werke Händels und Mendelssohns das Musikleben noch immer dominierten, und wo auch die führenden Komponisten Stanford und Parry nicht weit über den Mendelssohn’schen Stil hinausgingen.
Hier kam nun eine Musik voller Chromatik und herausfordernder Harmonik, wie sie in England vielleicht nur ein Komponist wagen konnte, der abseits des „Establishments“ wirkte. Ein Oratorium ohne abgeschlossene Nummern, sondern nach Art Richard Wagners ohne Pause durchkomponiert und durchzogen von einem Geflecht von Leitmotiven, die Verbindungen schaffen und dem Werk eine unerhörte Tiefe verleihen. Auch die Behandlung des Orchesters war zu der Zeit in England völlig neuartig. Das Orchester ist (auch hier inspiriert von Wagner) nicht nur „Begleiter“ von Chor und Solisten, sondern gleichberechtigter Partner, der die Handlung kommentiert und vertieft. Auch die Aufteilung in Hauptchor und Kammerchor war neuartig und ermöglicht subtile chorische Effekte. Das Werk ist durchzogen von einer großen Anzahl von Leitmotiven, die Personen oder Gefühle symbolisieren. So gibt es z. B. das Motiv des Engels, des Gerichts, des Schlafs oder der Verzweiflung. Es ist aber gar nicht nötig, die genaue Bedeutung der einzelnen Motive zu kennen, denn sie wirken eher unbewusst, transportieren Assoziationen und erzeugen eine bestimmte Atmosphäre, die sich unwillkürlich auf den Hörer überträgt. Elgar selbst schreibt an Jaeger: „… legen sie nicht zu viel Bedeutung in den Plan der Leitmotive, denn ich habe wirklich nicht groß über sie nachgedacht. Ich habe sie intuitiv verwendet.“
Das Orchestervorspiel präsentiert uns eine Reihe von Themen und Motiven aus Schlüsselstellen des Werkes und führt uns in die Grundatmosphäre ein: den „erschöpften, sorgenvollen Schlaf eines kranken Menschen“. Am Beginn der Handlung erwacht Gerontius aus diesem Schlaf und beginnt seinen Monolog.
Der nun folgende erste Teil schildert auf bewegende Weise die Gedanken eines sterbenden Menschen, schwankend zwischen Todesangst und Gottvertrauen. Die zentrale Arie „Sanctus fortis“ ist von großer leidenschaftlicher Kraft und zeigt, dass Elgar auch das romantische Repertoire der italienischen Oper gut studiert hat. Die ihn umgebenden Freunde begleiten ihn mit Worten, teilweise auch mit wörtlich übernommener Musik, aus der katholischen Sterbeliturgie. Nachdem Gerontius friedlich entschlafen ist, erteilt ihm der Priester den letzten Segen.
Der zweite Teil des Werkes ist dann der eigentliche „Traum“ des Gerontius, eine Vision der Reise im Jenseits. Die gedämpften Streicher im Orchestervorspiel evozieren einen Zustand ohne Raum und Zeit, wie in blendendes Weiß gehüllt, in dem sich die Seele nun wiederfindet: „How still it is! I hear no more the busy beat of time.“
Dann trifft Gerontius seinen Schutzengel, der ihn nun auch auf dem letzten Teil der Reise begleitet. Die ganze Szene mit ihrer zarten und gleichsam „heiligen“ Musik versetzt die Zuhörer in die „Aura präraffaelitischer Heiligengemälde“ (Jaeger). Hier ist Elgar der Atmosphäre in Wagners „Parsifal“ am nächsten. Auf ihrer Wanderung durch die Himmelssphäre passieren Gerontius und sein Engel auch den Ort, wo die Dämonen auf die verurteilten Seelen warten, um sie in die Hölle zu bringen. Elgars musikalische Umsetzung dieser Szene ist der modernste Teil der Partitur: raffinierte Orchestereffekte illustrieren die Monstrosität dieser Wesen. Musikalisch werden hier viele bisher verwendete Leitmotive verzerrt und ins Negative umgekehrt. Elgar charakterisiert nicht ohne Humor die Substanzlosigkeit dieser Wesen: sie singen oft mit absichtlich falschen Wortbetonungen und Phrasierungen, schließlich beginnen sie eine komplexe Fuge, die sie aber nach wenigen Takten aus „Unfähigkeit“ wieder abbrechen müssen und ihr „Höllengelächter“ wirkt eher lächerlich als angsteinflößend.
Meisterhaft gelingt Elgar die nun folgende Szene: Engel und Seele nähern sich langsam dem Allerheiligsten. Formal und dramaturgisch virtuos gelingt ihm eine fortdauernde Steigerung von Ausdruck und Emotion, bis die Seele vor ihrem Schöpfer steht und in einem einzigen Augenblick gerichtet wird (alle Instrumente spielen für einen Moment mit größtmöglicher Lautstärke).
Einer der beglückendsten musikalischen Einfälle im gesamten Schaffen Elgars ist der Abschiedsgesang des Engels, mit dem die Seele nun zu ihrer ewigen Ruhe geleitet wird, begleitet von den Gesängen der Seelen im Purgatorium und den Engelsgesängen.
Jörg Endebrock
Montag, 17. Oktober 2022, 19.00 Uhr
Bach-Wochen 2022 – „Ich bin dem Tode nah…“
Eine musikalisch-theologische Einführung
in Edward Elgars Oratorium "The Dream of Gerontius"
Jörg Endebrock, Michelkantor
Dr. Stefan Holtmann, Pastor
Die Veranstaltung findet im Bach-Saal statt.
Eintritt frei
Sonnabend, 22. Oktober 2022, 18.00 Uhr
Bach-Wochen 2022 – Eröffnungskonzert – ProArte MichelAbo
Edward Elgar: The Dream of Gerontius op. 38
Marie Seidler, Mezzosopran
Brenden Gunnell, Tenor
Thomas Laske, Bass
Chor St. Michaelis
Orchester St. Michaelis
(Mitglieder des Philharmonischen Staatsorchesters
und des NDR Elbphilharmonie Orchesters u.a.)
Leitung: Jörg Endebrock
Weitere Informationen:
Programmheft Bach-Wochen hier
Karten: € 10,00 – 49,00 zzgl. Vorverkaufsgebühr hier
und im MichelShop
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